Manchmal ist das Leben nicht gerade nett zu uns...
Es stellt uns vor große und kleine Herausforderungen, bringt uns mal diese mal jene unangenehme Erfahrung. Doch wenn wir genau hinschauen, ist meist nicht alles schwer und schmerzhaft. Auch in Zeiten, die uns schwer beuteln, können wir uns, wenn wir aufpassen, über so manches freuen und dafür dankbar sein. Besonders eindrücklich war für mich das Beispiel meiner Großmutter. Auch im hohen Alter, als sie mit ihren 93 Jahren dauerhaft an schlimmen Rückenschmerzen litt, schon nicht mehr gut gehen konnte und auch die übrigen Dinge des Alltags nur noch schwer oder gar nicht mehr für sie allein zu bewältigen waren, blieb sie ein unglaublich dankbarer und zufriedener Mensch. Sie freute sich daran, ihre Familie um sich zu haben oder auch an einem leckeren Essen, das mein Onkel oder meine Tante für sie zubereiteten. Sie war dankbar dafür, in der Sonne zu sitzen und den Vögeln zu lauschen. Sie erwartete nicht mehr, sie nahm hin, was ihr noch möglich war und genoss es, so gut sie konnte.
Und wir?
Wenn wir ehrlich sind, beklagen wir wie viele von uns häufig darüber, was wir alles zu erdulden haben. Wir jammern und schimpfen, was noch alles zu tun ist, wer uns schon wieder ungerecht behandelt hat oder welche Umstände sich nun schon wieder gegen uns verschworen haben. Und je öfter wir so vor uns hin und auch zusammen mit anderen herumklagen, desto wahrer wird unsere unsägliche Situation für uns. Denn unser Gehirn speichert leider nicht nur die realen Geschehnisse ab, sondern es formt unsere Erinnerung und unsere Denkhaltung immer wieder um, ergänzt hier ein Detail und dort eine emotionale Färbung, bis vom ursprünglich Erlebten nur noch ein Gerippe übrigleibt, an dem die zusammengereimten Ergänzungen wie eine Würgefeige hochklettern.
Wir können uns daraus befreien, indem wir damit beginnen, allmählich und geduldig unser inneres und auch äußeres Gejammer einzustellen. Und indem wir eine Dankbarkeitspraxis annehmen.
Wofür können wir dankbar sein?
Jeden Tag gibt es viele Gelegenheiten zur Dankbarkeit. Sei es, dass wir unseren Mitmenschen gegenüber dankbar sind oder dem glücklichen Umstand, dass wir atmen. Ein Teilnehmer aus meinen Kursen sagte mir einmal, dass diese Übung ihm geholfen habe, als der Schmerz über den Verlust seines Kindes sehr groß war. Er hat sich jeden Abend im Bett überlegt, wofür er an diesem Tag dankbar sein konnte. So war es ihm möglich, auch mitten im tiefsten Schmerz über seinen entsetzlichen Verlust, die Schönheit und Fülle des Lebens weiterhin wahrzunehmen.
Wenn wir einmal schwer oder auch nicht so schwer krank waren, wissen wir, wie wunderbar es ist, gesund zu sein. Doch meist vergessen wir es bald wieder, wenn die Beschwerden abgeklungen sind. In den Körper spüren, wahrnehmen, wie und wo es sich gerade gut anfühlt, kann uns dankbar machen. Die Sonne oder den Regen auf dem Gesicht zu spüren kann uns dankbar machen. Wir können für unsere Familie, unsere Freunde und nette fremde Menschen dankbar sein, für Haustiere, oder auch dafür, dass wir die Fußballweltmeisterschaft gewonnen haben.
In diesem Sinne: Danke, dass Du bis hierher gelesen hast! Und Danke an die Deutsche Fußballnationalmannschaft!
Herzlichst,
Sabine
P.S.: Wofür seid Ihr dankbar? Habt Ihr eine Dankbarkeitspraxis?